Welche Rolle spielen die kulturellen Vorstellungen von Geschlecht für Form und Funktion von Städten und deren Teilräume? Diese Frage ist besonders in den historischen Wissenschaften bisher kaum beachtet worden, der Forschungsstand der Geschichtswissenschaft hierzu gleicht einer tabula rasa. Daher ist es Ziel des Projekts offenzulegen, wie Geschlechtsidentitäten urbanen Raum und dessen Nutzung strukturieren, wie sie ihm ihren Stempel aufdrücken und die Topografie europäischer Städte prägen.
Zu diesem Zweck werden die drei europäischen Metropolen Wien, Paris und Prag analysiert, ausgehend vom Ende der sozialistischen Regime in Europa bis zurück zum Beginn des 19. Jahrhunderts. Als Quellen dienen einerseits die urbanen Räume selbst – von Repräsentationsbauwerken bis zu kommunalen Wohnbauten, von Inneneinrichtungen bis hin zu ganzen städtischen (Teil-) Räumen, von einzelnen Artefakten und bis zur Stadtplanung. Andererseits werden Quellen berücksichtigt, die Auskunft geben können über das frühere Erscheinungsbild der Stadt und die Beziehung zwischen der Gestalt des Stadtkörpers und kultureller Praxis: Dokumente zu InitiatorInnen, PlanerInnen etc. und deren Intentionen.
Eingebettet in eine kulturhistorische Herangehensweise bildet der Ansatz der „hegemonialen Männlichkeit“ den theoretischen Referenzrahmen des Projekts. Mit den Methoden der Diskursanalyse und Stadtsemiotik wird der urbane Raum untersucht. Dabei ist ein in weiten Teilen interdisziplinäres Vorgehen unabdingbar. Wissensbestände, Theorien und Methoden aus den Nachbardisziplinen der Geschichtswissenschaft – in diesem Falle der Architekturtheorie, Kulturgeografie, Kunstgeschichte und Stadt- und Raumsoziologie – werden integriert, um wissenschaftliches Neuland zu betreten und eine auffällige Forschungslücke zu schließen.