Um die Logiken frühneuzeitlicher Vermögenstransfers zu verstehen, ist es notwendig, die unterschiedlichen Formen zu untersuchen, in denen diese erfolgt sind. Heirat und Vererbung spielten dabei eine zentrale Rolle. Damit rücken eheliche Güterregime, Erbrecht und Erbpraxis in den Fokus. Nicht weniger bedeutsam für die Ausgestaltung von Vermögenstransfers in der Praxis waren verwandtschaftliche Beziehungen und Ansprüche. Zugleich konstituierte Vermögen – Liegenschaften, Geld, Dinge und davon abgeleitete Rechte – potenzielle Konfliktachsen und Interessenskonkurrenzen, die zum Teil strukturell angelegt waren.
Das Projekt verfolgt das Ziel, soziale, ökonomische, rechtliche und verwandtschaftliche Aspekte in Beziehung zueinander zu setzen. Verwandtschaft wird dabei im Sinne sozialer Räume gefasst, die über Kommunikation und Interaktion, über Prozesse des Aushandelns, über Erinnerung, aber auch über Konkurrenz und Konflikt hergestellt wurden. Auf welche Art und Weise dies erfolgte, ist die Kernfrage des Projekts, das Vermögenstransfers und -arrangements hinsichtlich ihrer gesellschaftlichen, generationalen und geschlechtsspezifischen Implikationen analysiert.
Das ideale Laboratorium für die Umsetzung der Fragestellungen und Hypothesen ist der Raum des südlichen Tirol einschließlich des heutigen Trentino: Denn hier trafen ‚romanisch‘ und ‚germanisch‘ geprägte Rechtskulturen zusammen und überlagerten sich. Das Territorium ist besonders reich an vermögensrelevanten Quellenbeständen, die sowohl quantitativ als auch qualitativ ausgewertet werden. Der innovative Impuls des Projekts besteht in der Verknüpfung von Verwandtschaft, Heiratsgütern, Erbe und materieller Kultur. Vermögen ist dabei als zentrales Medium konzipiert, über das Verwandtschaftsräume hergestellt und strukturiert wurden.