Das Forschungsprojekt fragt nach den Trennungs- und Scheidungsfolgen gescheiterter Ehen zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert. Untersucht wird die Gerichtspraxis im Erzherzogtum Österreich unter der Enns. Aufbauend auf den Ergebnissen von zwei FWF-Forschungsprojekten interessieren uns die für den Zeitraum der "Toleranz" - befristet und unbefristet - getroffenen Regelungen. Wie wurde das eheliche Vermögen geteilt bzw. der Unterhalt bestimmt? Wem wurde bis die Obsorge der Söhne bzw. der Töchter zugesprochen? Bis zu welchem Alter? Über die in den Eheakten überlieferte Judikatur hinausgehend, fragen wir nach den lebensweltlichen Konsequenzen einer Scheidung. Dies inkludiert Fragen nach dem materiellen Fortkommen der getrennten bzw. geschiedenen Eheteile ebenso wie Fragen nach der Gestaltung ihres Beziehungslebens unter normativen Bedingungen, die außereheliche Formen körperlicher Intimität unter strafrechtliche Verfolgung stellten. Andererseits lenken wir unseren Blick auf die soziale Positionierung der EhepartnerInnen und die ehelichen Macht- und Kräfteverhältnisse. Wir fragen, wie sich diese in den Trennungs- und Scheidungsvereinbarungen widerspiegeln.
Zur Beantwortung unserer Forschungsfragen können wir einerseits auf bereits digitalisierte und teilweise transkribierte Quellen zurückgreifen, die im Rahmen von gerichtlichen Eheverfahren erzeugt bzw. dem Gericht vorgelegt wurden. Neben einem Close Reading der bereits vorhandenen Quellen, wird die Quellenbasis um Pfarrmatriken, Eheverträge, Testamente und Verlassenschaften erweitert. Andererseits kann das Forschungsteam auf zwei bestehende, für das Projekt adaptierbare Datenbanken (Klagedatenbank und Personendatenbank) zurückgreifen, welche systematisch ergänzt werden. Die Datenbanken bilden durch gezielte Abfragemöglichkeiten die Basis sowohl für qualitative als auch für quantitative Analysen. Zur Analyse und Interpretation werden qualitative und quantitative Methoden, diskursanalytische und praxeologische Zugangsweisen kombiniert. Die Forschungsergebnisse werden am Webportal regelmäßig aktualisiert, der Projektfortschritt kann damit öffentlich mitverfolgt werden.