(Über) Liebe schreiben? Liebe in Paarkorrespondenzen des 19. und 20. Jahrhunderts

Projektmitarbeiterinnen: Mag.a Ines Rebhan-Glück, Dr.in Nina Verheyen

Projektleitung: ao. Univ. Prof. Dr. Christa Ehrmann-Hämmerle (in Kooperation mit ao. Univ.

Prof. Dr. Ingrid Bauer, Fachbereich Geschichte/Universität Salzburg; Projektmitarbeiterin dort: cand. Dr.in Barbara Asen)

FWF-Projekt: P 22030-G15

Laufzeit: Mai 2010 bis Oktober 2012

Das Projekt ist mit seinen Fragestellungen, methodischen und theoretischen Prämissen an der Schnittfläche von Geschlechtergeschichte, Geschichte der Liebe und Geschichte des privaten Schreibens positioniert. Im Zentrum stehen Paarbeziehungen, Geschlechterpositionen und Liebe im 19. und 20. Jahrhundert – untersucht auf der Basis brieflicher Kommunikation zwischen Frauen und Männern. Gekoppelt an geschlechtergeschichtliche Zäsuren und mit dem Konzept der romantischen Liebe, sowie dem bürgerlichen Ehe- und Liebesmodell als Bezugspunkt, sollen im historischen Längsschnitt, der die 1870er bis 1970er Jahre umfasst, Wandel und Kontinuitäten untersucht werden. Geographisch liegt der Schwerpunkt auf Österreich.

Diesem Forschungsvorhaben liegen populare Paarkorrespondenzen bzw. Liebesbriefe zugrunde, wobei hier auf zahlreiche unveröffentlichte Quellenbestände zurückgegriffen werden kann. Neben dem umfangreichen Material, das in der Sammlung Frauennachlässe in Wien bereit liegt, werden punktuell weitere Archivbestände requiriert und – um Lücken zu füllen – gezielte Aufrufe zur Quellenbeschaffung lanciert.

Die situative Quelle Brief wird methodisch reflektiert und unter Bezugnahme auf Strategien der qualitativen Inhaltsanalyse sowie auf Ansätze diskursanalytischer Textanalyse befragt: nach Formen der Herstellung und Gestaltung von Beziehungen durch das Medium Brief, nach Prozessen der Reproduktion, Modifikation und Neuinterpretation von gesellschaftlichen Beziehungs-, Liebes- und Geschlechterkonzepten, nach möglichen Machtverhältnissen und Hierarchien, die sich im Zusammenhang mit den Geschlechterverhältnissen in den Briefen ausdrücken, nach Mechanismen der genderbezogenen Selbstvergewisserung und -konstruktion in Interaktion mit dem Gegenüber, sowie nach Spielräumen der BriefeschreiberInnen im Spannungsfeld von Diskurs und Erfahrung. Ziel ist es, die zur Analyse herangezogenen Selbstzeugnisse sowohl in Form eines Überblicks im historischen Längsschnitt, wie auch – bei signifikanten Beispielen – als Fallstudien zu erschließen. Die milieuspezifische Differenzierung des Quellenmaterials bildet dabei ebenso eine Grundlage wie die konsequente Kontextualisierung, samt Einbeziehung historisch-gesellschaftlicher – politischer wie biographischer – Rahmenbedingungen.

Möglichkeiten nationaler und internationaler Vernetzung ergeben sich unter anderem im Rahmen der besonders im angloamerikanischen Raum rege – und aus Genderperspektive – betriebenen Brief- und Selbstzeugnisforschung sowie einer sich in den letzten Jahren zunehmend etablierenden Geschichte der Emotionen – wobei gerade die Frage nach der Bedeutung von Liebe und Emotionen für das Verhältnis der Geschlechter als Forschungsdesiderat gesehen werden kann.