STELLUNGNAHME

24.01.2020

Stellungnahme des Leitungsteams zu Lothar Höbelt

Stellungnahme des Leitungsteams zu Lothar Höbelt

 Lothar Höbelt nimmt sich in der Video Debatte (Der Standard) mit der ÖH Vorsitzenden Jasmin Chalendi am 21. Jänner 2020 erneut aus der Verantwortung. Er sei nicht dafür verantwortlich, dass Identitäre seine Vorlesung als Bühne für politische Agitation nützen. Zu erinnern ist, dass deren Verbot die ÖVP noch vor kurzem vehement forderte.

https://www.derstandard.at/story/2000113530780/schlacht-ums-ns-gedenken-wie-politisch-darf-die-uni-sein

 

 

 

Als Leitungsteam des Instituts für Geschichte wollen wir zu den Vorgängen Stellung nehmen:

In der Institutsversammlung am 16. Dezember 2019 erklärte sich Lothar Höbelt nach mehrfacher Aufforderung bereit, Martin Sellner, welchen er persönlich allerdings nicht kenne, aufzufordern, den „Saalschutz“ für seine Vorlesung zu beenden. Die Gelegenheit dazu hätte er bereits tags darauf, am 17. Dezember in seiner Vorlesung gehabt, wo neben Burschenschaftlern auch Martin Sellner und seine identitäre „Gefolgschaft“ anwesend waren. Entgegen seiner Zusage in der Institutsversammlung ergriff Lothar Höbelt diese Gelegenheit zur Deeskalation nicht. Am Ende der Vorlesung posierten einige der Zuhörer*innen, darunter Kader der „Identitären“ und deutschnationale Burschenschafter, erneut vor einem Banner mit der Aufschrift: Linksextreme raus aus der Uni.
https://presse-service.at/2019/12/17/identitaere-in-vorlesung-von-lothar-hoebelt-an-der-universitaet-wien-17-12-2019/
https://twitter.com/hashtag/defendhs50?src=hash

In der nächsten Vorlesung am 14. Jänner 2020 blockierten Mitglieder der Antifa die Zugänge zum Hörsaal. Richtig ist daher die Aussage von Lothar Höbelt im Video vom 21. Jänner 2020, dass er keine Verantwortung für den auf Video festgehaltenen „Juden raus“ Schrei eines seiner langjährigen Hörer übernehmen könne, da er nicht anwesend war.

Anwesend war er allerdings in der Vorlesung am 21. Jänner 2020, wo, wie Fotos des Presseservice Wien belegen, Teilnehmer seiner Vorlesung, unter anderen Martin Sellner und Philipp Huemer, das White Power Zeichen machten.
https://i0.wp.com/presse-service.at/wp-content/uploads/2020/01/identit%C3%A4re-bei-vorlesung-hoebelt-uni-wien-und-protest-2020-01-21-20-scaled.jpg

Dieses Handzeichen wird von Rechtsextremen und Neonazis seit der Verhaftung des Christchurch Attentäters zunehmend als Erkennungszeichen verwendet. Lothar Höbelt hat in seiner Vorlesung die Verwendung des White Power Zeichens, welches mittlerweile auch als Hasssymbol anerkannt wird, weder kritisiert noch unterbunden.
https://ze.tt/das-okay-handzeichen-wird-jetzt-offiziell-als-hasssymbol-gelistet/

Anstatt zu deeskalieren und sich von den Identitären zu distanzieren, verwendete er das Streitgespräch mit der ÖH Vorsitzenden Jasmin Chalendi dazu, um weiter zu provozieren. Die Gedenkkultur an die NS-Zeit bezeichnete er am 21. Jänner 2020, zwei Tage vor dem Gedenktag an die Befreiung von Ausschwitz, neuerlich als Marketinggag, um höhere Forschungsgelder zu beziehen als etwa zur Erforschung „eines Klosters im Mittelalter“. Mit Rekurs auf die Notwendigkeit eines kritischen Umganges mit Quellen und Selbstzeugnissen, bezeichnete Lothar Höbelt Zeitzeug*innengespräche für Schulen als „ungeeignet“. Seiner Meinung nach würden sich die Schüler*innen nicht trauen, die Zeitzeug*innen kritisch zu befragen.
https://www.derstandard.at/story/2000113530780/schlacht-ums-ns-gedenken-wie-politisch-darf-die-uni-sein

Vor allem österreichische Universitäten sind in der Verpflichtung, der schleichenden Normalisierung von rechtsextremen Gedankengut entgegenzutreten. Rechtsextremen Auftreten seitens der Hörer*innen darf in Hörsälen nicht nochmals eine Bühne geboten werden.

 

Univ. Prof. Dr. Andrea Griesebner, Vorständin des Instituts für Geschichte

Univ. Prof. Dr. Peter Becker, strv. Vorstand des Instituts für Geschichte

Univ. Prof. Dr. Tara Andrews, strv. Vorständin des Instituts für Geschichte