Vortrag bei GAM, 12. Jänner 2022, 18.30–20.00, HS 30

In Kooperation mit „fernetzt. Junges Forschungsnetzwerk Frauen- und Geschlechtergeschichte“

Jessica Richter (St. Pölten): Organisation von Landarbeit und Arbeitsmarkt in Österreich (1918–1938)

In Kooperation mit „fernetzt. Junges Forschungsnetzwerk Frauen- und Geschlechtergeschichte“

 

Jessica Richter (St. Pölten): Organisation von Landarbeit und Arbeitsmarkt in Österreich (1918–1938)

 

Moderation: Brigitte Semanek

 

Abstract:

Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts, in Österreich vor allem in der Zwischenkriegszeit, wurden Arbeit und ‚Lenkung‘ des Arbeitsmarkts immer mehr zu Aufgaben des Staates. Der Aufbau sozialstaatlicher Sicherungen, neue arbeitsrechtliche Regelungen und die Etablierung einer staatlichen Arbeitsmarktverwaltung trugen dazu bei, außerhäusliche, gelernte, kontinuierliche und formalisierte Erwerbsarbeit in Gewerbe und Industrie als Referenz für andere abhängige Tätigkeiten zum Lebensunterhalt durchzusetzen. Die Verknüpfung von Arbeitsmarkt- und Migrationspolitik in der Zwischenkriegszeit wiederum privilegierte Staatsbürger*innen gegenüber Nicht-Staatsbürger*innen – und unterstützte das Ziel einer ‚Nationalisierung‘ des Arbeitsmarkts.

Wie aber die abhängige Landarbeit von Dienstbot*innen, Tagelöhner*innen oder Saisonarbeiter*innen zu kategorisieren und zu organisieren sei, war sogar zwischen Behörden hoch umstritten. In vielerlei Hinsicht ließ sich Landarbeit kaum in dominante Vorstellungen und Praktiken von Arbeit einpassen: Sie war abhängig von lokalen und natürlichen Gegebenheiten, basierte vielfach auf Arbeitswanderungen und fügte sich wenig in amtliche Berufseinteilungen.

Anhand von behördlichem Aktenmaterial von der lokalen bis zur staatlichen Ebene diskutiert dieser Vortrag, wie Behörden in landwirtschaftliche Arbeitsverhältnisse und den Arbeitsmarkt eingriffen und im Zuge dessen Hierarchien zwischen Arbeitskräften re/produzierten.

 

Zur Vortragenden:

Jessica Richter studierte Sozialwissenschaften und European Regional Development und wurde im Fach Geschichte promoviert. Sie leitet das FWF-Einzelprojekt „Landarbeit organisieren“ am Institut für Geschichte des ländlichen Raumes und ist Vorstandsmitglied von „fernetzt. Junges Forschungsnetzwerk Frauen- und Geschlechtergeschichte“.