Die Schwarzenberg Bank, 1787-1830

Es handelt sich bei dieser Bank um ein einzigartiges, in der Wirtschaftsgeschichte der Habsburgermonarchie bislang nicht berücksichtigtes Unternehmen. Lediglich Hermann Freudenberger widmete der 'Schwarzenberg-Bank' eine kurze Abhandlung und bezeichnete sie als erstes Bankunternehmen im modernen Sinne innerhalb der Habsburgermonarchie, das ohne Beteiligung von staatlichem Kapital gegründet wurde. Für ihn erfolgte daher die Gründung der Bank aus der unternehmerischen Orientierung adeliger Grund- und Gutsherren, der gerade für die böhmischen Länder typisch war, wie zahlreiche Beteiligungen von Adeligen - im Verbund mit bürgerlichen Kaufleuten und Unternehmern - an Manufakturen und Handelsgesellschaften v. a. im 18. Jahrhundert zeigen.

Der erste Forschungsbereich ist der Darstellung des Aufbaus der Bank gewidmet und als Mikrogeschichte des Bankinstituts konzipiert. Die Mikrostudie über die Bank als wichtiger Spiegel der ökonomischer Aktivitäten und der Handelsverflechtungen öffnet gleichzeitig einen neuen Zugang auf die Makroebene der wirtschaftlichen Entwicklung und der Zusammenhänge des Verlaufes des Industrialisierungsprozesses in der Habsburgermonarchie zwischen 1788 und 1830. Diese Rückbindung der Geschichte der Institution stellt den zweiten umfangreichen Fragenkomplex dar. Bereits die erste Durchsicht des Quellenmaterials zeigte, daß die 'Schwarzenberg-Bank' intensive internationale Handels- und Kapitalbeziehungen innerhalb Europas hatte. Zu diesem Zeitpunkt fehlt uns jedoch jede konkrete Vorstellung über deren Ausmaß und Charakter.

Durch die Heranziehung des Materials aus dem Familienarchiv der Schwarzenberg sollen Beweggründe rekonstruiert werden, die zur Gründung der Wiener Bank führten. Die genaue Rolle der Gutsherren ist vor allem im Kontext der Debatte über die ostelbische Gutsherrschaft interessant. Besonders die Historiographie der osteuropäischen Länder betonte den antagonistischen Charakter der Beziehungen zwischen der Gutsherrschaft und ihren Untertanen. Gerade in den letzten Jahren ist aber unter führender Beteiligung einer deutschen Forschergruppe eine Diskussion um eine Neubewertung begonnen worden, in der die alltägliche soziale Praxis in diesen Gesellschaften im Mittelpunkt steht. Gutsherrschaft soll so als soziales Modell verstanden werden. An diese Debatten über die Rolle der Gutsherrschaft sollten auch die Ergebnisse des beantragten Forschungsprojektes anknüpfen. Die Bank wurde acht Jahre nach der Auflösung der "Leibeigenschaft" in Böhmen gegründet, wodurch aber die Besitz- und Einkommensstruktur der ehemaligen Gutsherren nicht betroffen wurde. Es ist anzunehmen, daß die Adeligen durch ihre wirtschaftlichen Aktivitäten nicht nur ihren eigenen Interesse nachgingen, sondern, den Thesen Freudenbergers zufolge, waren sie zumindest z. T. auch an der Schaffung von Arbeitsmöglichkeiten für die Untertanen interessiert.

Für den böhmisch-mährischen Raum liegen aber bislang nur wenig Forschungen zu diesen Zusammenhängen im Untersuchungszeitraum vor. Ob die Gründung der Schwarzenberg-Bank mit solchen wirtschaftlichen Interessen der adeligen Gutsherren zusammenhing, soll in diesem Forschungsprojekt überprüft werden. Durch die Anbindung an die gegenwärtige agrargeschichtliche Debatte erhalten die Ergebnisse des Forschungsprojektes zusätzliche Bedeutung für die derzeitige sozial- und wirtschaftshistorische Forschung zum Ausgang des Ancien régime.