Vermögen als Medium der Herstellung von Verwandtschaftsräumen vom 16. bis zum 18. Jahrhundert

Projektnummer: P29394-G28

Projektbeginn: 01. September 2016

Projektleiterin: PD Dr. Margareth Lanzinger

Projektmitarbeiterinnen: Dr. Janine Maegraith, Mag. Birgit Heinzle

 

Ausgangspunkt des Projekts ist das Faktum, dass in den europäischen Gesellschaften der Frühen Neuzeit der Großteil des Vermögens über Heirat und Vererbung transferiert und in Besitz genommen wurde. Erbrechte und Erbansprüche waren eng mit Verwandtschaft verkoppelt. Zugleich waren darin zentrale Konkurrenzachsen angelegt. Je nach Ehegüter- und Erbmodell unterschiedlich gestalteten sich Handlungsoptionen und Praxis im Umgang damit. Daran anknüpfend und weiterführend ist die Grundthese des Projekts, dass Vermögen als wesentliches Medium der Konstruktion von Verwandtschaftsräumen fungiert hat. Verwandtschaftsräume sind im thematischen Zusammenhang als soziale Räume definiert, die über Kommunikation und Interaktion, über Prozesse des Aushandelns, über Erinnerung, aber auch über Konkurrenz und Konflikte hergestellt wurden. Auf welche Art und Weise dies erfolgte, ist die Kernfrage des Projekts. Umgesetzt in die Forschungspraxis erfordert dies, Vermögenstransfers und -arrangements hinsichtlich ihrer sozialen und ökonomischen, ihrer intergenerationalen und geschlechtsspezifischen Implikationen zu analysieren. Vermögen umfasst in diesem Kontext nicht nur Liegenschaften und Geld, sondern auch davon abgeleitete Rechte und Ansprüche sowie Dinge, die als Wertspeicher wirkten konnten, symbolisch bedeutsam waren oder im täglichen Gebrauch standen.

Das Projektvorhaben inseriert sich damit in mehrere, aktuell breit debattierte Forschungsfelder: in die Historische Verwandtschaftsforschung, in die Geschlechtergeschichte der Ehegüter- und Erbpraxis, in die Materielle Kultur- und in die Konsumforschung und greift auch Fragen sozialer Ungleichheit auf. Ein innovativer Aspekt des geplanten Projekts ist eine gezielte und systematische Verflechtung dieser Felder, deren heuristisches Potenzial hoch einzuschätzen ist.

Das ideale Laboratorium für die Umsetzung der Projektziele ist der Raum des südlichen Tirol einschließlich des heutigen Trentino: Denn hier trafen ‚romanisch‘ und ‚germanisch‘ geprägte Rechtskulturen zusammen und überlagerten sich. Dieses Territorium ist zudem besonders reich an vermögensrelevanten Quellenbeständen (Notariasakten, Verfachbücher). Rechtskodifikationen datieren aus dem 16. Jahrhundert und hatten auch schon Vorläufer im 13. Jahrhundert.

 

Kooperationspartner:

Arbeitsgruppe Geschichte und Region / Storia e regione

Cambridge Group for the History of Population and Social Structure

Kompetenzzentrum Regionalgeschichte, Freie Universität Bozen

SFN Sinergia Projekt “Doing House and Family” (Bern, Basel, Lausanne, Luzern)

Südtiroler Landesarchiv

Anna Bellavitis (Rouen), Siglinde Clementi (Bozen/Bolzano), Joachim Eibach (Bern), Amy Louise  Erickson (Cambridge), Raffaella Sarti (Urbino), Simon Teuscher (Zürich)

 

Publikationen in Vorbereitung bzw. im Druck

Simone Derix u. Margareth Lanzinger (Hg.), Themenheft „Housing Capital. Resource and Representation“, Jahrbuch für Europäische Geschichte / European History Yearbook (2017).

Erich Landsteiner u. Margareth Lanzinger (Hg.), Themenheft „Verträge“, Historische Anthropologie 25, 2 (2017).

Margareth Lanzinger, Janine Maegraith, Siglinde Clementi, Ellinor Forster u. Christian Hagen (Hg.), Stipulating – Litigating – Mediating. Negotiations of gender and property, Leiden, Brill 2018.

Christian Hagen, Margareth Lanzinger u. Janine Maegraith, A precarious balance between competing interests. Death-related stipulation in South Tirol c. 1350–1600, in: Mia Korpiola u. Anu Lahtinen (Hg.), Planning for Death: Wills, Inheritance and Property Strategies in Medieval and Reformation Europe, Leiden, Brill, 2017.

Christian Hagen, Margareth Lanzinger u. Janine Maegraith, Verträge als Instrumente der Vermögensabsicherung im südlichen Tirol vom 14. bis zum 18. Jahrhundert, in: Historische Anthropologie 25, 2 (2017).

Margareth Lanzinger u. Janine Maegreaith, Houses and the Range of Wealth in Early Modern Gender- and Intergenerational Relationships, in: Jahrbuch für Europäische Geschichte / European History Yearbook (2017).

Margareth Lanzinger u. Janine Maegraith, Witwenrechte im Litauen des 16. Jahrhunderts. Rezensionsessay aus Tiroler Vergleichsperspektive, in: Geschichte und Region/Storia e regione 25, 2 (2016).

 

Publikationen zum Projektthema

Margareth Lanzinger u. Janine Maegraith, Konkurrenz um Vermögen im südlichen Tirol des 16. Jahrhunderts, in: L’Homme. Z.F.G. 27, 1 (2016), 15–31.

 

Vorträge und Projektpräsentationen

Margareth Lanzinger u. Janine Maegraith „Kinship Ties and Wealth: The Limits on the Disposal of Property and its Consequences“ | Conference „Navigating the Boundaries of Kinship and Politcs“, Zentrum für Interdisziplinäre Forschung (ZIF), Bielefeld | 08.–10. Mai 2017

Margareth Lanzinger u. Janine Maegraith „Composition of Wealth: Between Kinship Entitlements or Market Access“ | Vortrag auf Einladung der Cambrige Group for the History of Population and Social Structure, University of Cambridge | 27. April 2017

Margareth Lanzinger u. Janine Maegraith „Objects as proxy for social and economic values, capabilities und relations“ | Tagung „Objetcts and Possessions: Material Goods in a Changing World 1200–1800“, University of Southampton | 03.–06. April 2017

Janine Maegraith, „Unequal distribution of wealth and countervailing strategies in sixteenth century southern Tyrol“; Präsentation des FWF-Forschungsprojekts im Rahmen des Newnham History Forums am Newnham College, Cambridge | 15. Februar 2017

Margareth Lanzinger „Vermögen als Medium der Herstellung von Verwandtschaftsräumen vom 16. bis zum 18. Jahrhundert“ | Präsentation des FWF-Forschungsprojekts im Rahmen des Forschungskolloquiums „Alte und Neue Welten“, Historisches Seminar, Universität Hannover | 13. Dezember 2016

Margareth Lanzinger u. Janine Maegraith „Competing for wealth: Access to landed property and women’s agency in sixteenth century southern Tirol“ | 41st Annual Meeting of the Social Science History Associatoin (SSHA), Chicago | 17.–20. November 2016

 

Workshops

Internationaler Workshop „Vermögen als Beziehungsmedium – Recht und Praxis in sozialen und rechtlichen Übergangsräumen“, Freie Universität Bozen, Fakultät für Bildungswissenschaften, Brixen, 26./27. Mai 2017.